Schreibblockaden überwinden – 10 schnelle Hilfen gegen den Knoten im Kopf
- Christian Knoche
- 22. Apr.
- 8 Min. Lesezeit

Alexander der Große benutzte der Überlieferung nach sein Schwert und hieb den gordischen Knoten einfach mittendurch. Schwieriger wird es, wenn der Kopf beim Schreiben plötzlich einen Knoten in die Gedanken macht. Ein paar typische Ursachen für Schreibblockaden und Strategien zu deren Überwindung möchte ich hier aus meinem Erfahrungsschatz teilen – mit einem Geheimtipp ganz am Ende, der nicht für jeden ist.
Was ist eigentlich eine Schreibblockade?
Es fühlt sich an wie ein Betonklotz im Schädel: Die Finger werden müde, ständig vertippt oder verschreibt man sich (falls man einen Stift benutzt), die Gedanken schweifen ab, jede Ablenkung ist willkommen. Man stellt die absurdesten Dinge an.
Mein Bruder hat mal geglaubt, er müsse vor der Anfertigung einer Hausarbeit für sein Studium erst ordentlich ausgeschlafen sein. Da es aber Tag war und die Rollos nicht richtig dicht hielten, hat er sich im Baumarkt schwarze Folie besorgt und damit sämtliche Fenster seines WG-Zimmers hermetisch abgeklebt – nur um dann festzustellen, dass auf einmal die Straßenbahn fürchterlich nervt.
Jeder von uns kennt diese Zustände, und sie beschränken sich nicht auf das Schreiben. Wir prokrastinieren gern vor unliebsamen Tätigkeiten. Aber sollte Schreiben nicht Spaß machen – egal ob nun Hobby oder Beruf? Immer? Naja…das dachte ich auch mal, bevor ich mich entschieden habe, von Wirtschaftsingenieur in der Automobilindustrie auf Schriftsteller umzusatteln. Die Realität ist leider anders. Nichts macht immerzu und dauerhaft Spaß.
Der Kollege Richard Bach hat mal gesagt: “A professional writer is an amateur who didn’t quit.” Trotzdem sind Pausen wichtig – und auch mal für längere Zeit aufhören, wenn gar nichts weitergeht.
Was sind typische Ursachen für Schreibblockaden und wie kann man sie überwinden?
Ich kenne es von mir selbst, aber auch von meinen Ghostwriting-Projekten: Es kommt mindestens einmal ein Punkt, an dem es scheinbar nicht mehr weitergeht. Der Kopf macht zu. Jetzt ist es wichtig, sich der Sache strategisch zu nähern und Ursachenforschung zu betreiben. Was ist gerade passiert? Warum? Und wie geht es weiter?
Erstes Problem: Keine Zeit zum Schreiben
Zeit zum Schreiben zu finden ist schon nicht einfach für jemanden, der es hauptberuflich tut. Menschen, die mit einem Ghostwriter ein Projekt bearbeiten, sind in der Regel nicht hauptberuflich selbst Schreiberlinge. CEOs, Unternehmer, Coaches, Führungskräfte, Trainer oder auch angehende Hobby-Schriftsteller mit einer Romanidee – sie alle haben viel zu sagen, gleichzeitig aber auch ein Leben neben dem Buchprojekt.
Die Lösung ist hier sehr klar: Wo ein Wille, da ein Weg. “Keine Zeit” ist meist nur ein vorgeschobenes Problem. Einfach mal analysieren, wie viel Zeit man pro Tag mit Dingen verbringt, die nicht weiterführen: Social Media, Netflix, Smalltalk, Perfektionismus bei unwichtigen Aufgaben – man findet im Alltag immer etwas, das man weglassen kann, ohne Einbußen zu haben. Man muss nur wollen. Es braucht auch nicht viel. Fünfzehn Minuten täglich sind fast zwei Stunden in der Woche – zwei mehr als jemand, der es nicht tut.
Zweites Problem: Keine Lust zum Schreiben
Die meisten von uns kennen noch den alten Loriot-Sketch: Ich will einfach nur hier sitzen. Aber jetzt könntest du doch mal spazieren gehen. Oder eben schreiben. Ich habe die Frau in der Küche immer als Teil eines inneren Monologs interpretiert. Man setzt sich selbst unter Druck, verstärkt dadurch die Unlust, und so weiter – ein Teufelskreis.
Die Lösung habe ich von Picasso geklaut. Der sagte einmal: “Inspiration exists – but it has to find you working.” Zeit schaffen, hinsetzen, schreiben. Irgendwas, ganz egal was – zum Beispiel, warum man gerade keine Lust hat. Der Geist kommt in Schwung, nimmt die Finger mit, und schreibt man wenigstens irgendetwas. Zieht man das eine Weile durch, kommt etwas Gutes dabei rum – garantiert.
Drittes Problem: Kein Ort zum Schreiben.
Zu laut, zu kalt, zu eng – ich kenne alle Ausreden, von anderen und von mir selbst. Hundert Mal gehört, benutzt, verworfen. War es Hemingway zu laut in den Schützengräben des Spanischen Bürgerkriegs? War es Aleksandr Solschenizyn zu kalt im Gulag? Nelson Mandela zu beengt auf der Gefängnisinsel? Extrembeispiele, sicher. Und die wenigsten von uns werden solche Literatur zustande bringen.
Aber der Anfang der Lösung ist hiermit schon geliefert: Es gab und gibt Menschen, die unter sehr widrigen Bedingungen Großes vollbracht haben. Es sollte also möglich sein, hier einen Ort zum Schreiben zu finden. Ich nutze gern mein Zimmer, in Stille, Musik höchstens leise und ohne irgendwelchen Text. Manchmal verkrümele ich mich in den Wald, Laptop und Campingstuhl sei Dank geht es auch dort. Andere schreiben gern in Cafés, in Gesellschaft oder im Zug. Man darf sich etwas Zeit geben und ausprobieren, was einem taugt. Es wird sich ein Plätzchen finden – ganz sicher.
Viertes Problem: Keinen Anfang finden
Die Romanidee ist da, der Auslöser für die Autobiographie kam aus dem Nichts, das Sachbuch über die eigene, einzigartige Coaching-Methode will einfach raus – und dann nur Brüten über leeren Seiten. Zunächst mal: Das ist ganz normal. Wir sind so gepolt, einfach drauflos liegt den Wenigsten. Losfahren in den Urlaub – klar. Aber wohin? Norden oder Süden? Lange Unterwäsche oder Badehose? Man muss doch wissen, was einen erwartet.
Die Lösung ist hier nicht ganz so klar. Manche Menschen mögen lieber eine Struktur erarbeiten und die dann füllen – bei Romanen nennt man das Plotten, bei Sachbüchern Gliederung – andere haben vielleicht das ein oder andere Kapitel schon im Kopf und produzieren erstmal Text. Am Ende muss man den Weg finden, der für einen selbst funktioniert. Ich nutze hier regelmäßig verschiedene Ansätze und kann sagen: Alles funktioniert – und der Weg muss nicht immer derselbe sein.
Fünftes Problem: Selbstzweifel
Die Struktur steht, die ersten Kapitel sind geschrieben oder das Buch ist so gut wie fertig – es kann in jedem Stadium über einen kommen, aber es wird kommen: Der nagende Zweifel. Ist das gut genug? Will das irgendjemand lesen? Soll ich das wirklich schreiben oder werde ich ausgelacht, verurteilt, in eine Ecke gestellt? Ist das alles überhaupt gut genug? Kann man das Literatur nennen, braucht es wirklich dieses Buch?
Hier kann man sich behelfen, indem man zur Anfangsmotivation zurückkehrt und sich nochmals klar macht, warum man mit dem Schreibprojekt angefangen hat. Ein weiteres Instrument gegen Zweifel ist die Technik der Persona, hier ich hier etwas genauer erklärt habe.
Sechstes Problem: Schwankungen
Mal ist man irre produktiv, mal passiert ewig lang gar nichts. Irgendwie schläft das Projekt ein, rückt in den Hintergrund, geht scheinbar vergessen. Macht nix. Wir sind keine Maschinen, und selbst die arbeiten nicht konstant. Nicht jeder Tag ist gleich. Ich erinnere mich nicht mehr an den Namen, aber es war eine Surferin oder Schwimmerin, die von den Schildkröten im Meer erzählt hat. Die Tiere waren immer schneller als sie – bis sie beobachtet hat, was die anders machen. Kam die Strömung von vorn, die Wellen und der Wind, hat sie immer umso härter gekämpft. Die Schildkröten ließen sich einfach treiben, auch wenn es dabei ein Stück rückwärts ging. Kam aber unweigerliche Sog, hatten sie mehr als genug Kraftreserven und eine großes Stück voranzukommen, während unsere Schwimmerin von ihrem Kampf gegen die Elemente ganz erschöpft war.
Die Lösung liegt besonders bei Kreativprozessen darin, unserem natürlichen Takt zu folgen, auf uns selbst zu hören, uns auszuruhen wenn Wind und Wellen von vorn kommen – und dann Vollgas zu geben, wenn es plötzlich wieder von hinten schiebt. Es ist sinnlos, gegen übermächtige Elemente anzukämpfen. Und das kann auch mal eine Frühjahrsmüdigkeit sein.
Siebtes Problem: Gibts alle schon
Ähnlich wie bei Selbstzweifeln kommt auch dieser Punkt früher oder später zwangsläufig. Da hat man das Buch fast fertig und stellt fest: Irgendwer hat den Roman über Wikinger ja ganz ähnlich geschrieben, es gibt sogar eine Netflix-Serie darüber. Oder bei der Verlagsrecherche stellt sich heraus: den einzigartigen Coachingansatz hat ja schon jemand anders Jahre vorher gehabt!
Ja. Ist so. Es gibt auch tausende Artikel über Schreibblockaden. Na und?Ich bin bekennender Southpark-Fan. Man muss die Serie nicht mögen, aber lehrreich ist sie trotzdem manchmal. In der Episode “Simpsons already did it” verzweifelt der Charakter des Protagonisten daran, dass jeder Plan, den er ausheckt, schon bei den Simpsons vorkam.
Die Lösung liefert die Episode gleich mit (sinngemäß paraphrasiert): „Ihr müsst verstehen: Es geht nicht darum, wer etwas zuerst gemacht hat, sondern wer es am besten macht. Die Simpsons laufen seit über 30 Jahren – natürlich haben sie schon alles gemacht. Das spielt keine Rolle. Ideen sind dazu da, geteilt und weiterentwickelt zu werden.”
Am Ende bleibt uns immer die Gewissheit: So wie wir, genau so, mit unseren Erfahrungen, Werten und Gefühlen, kann niemand sonst etwas schreiben. Schon gar nicht die KI.
Achtes Problem: Keine Inspiration
Erst lief es gut, dann sind plötzlich die Ideen weg. Wie geht der Roman weiter? Was soll noch gleich in die Autobiographie? Wie war das noch damals mit der Affäre? Erinnerungen, Inspirationen, Ideen – manchmal fehlt uns einfach etwas. Je mehr wir forschen, graben, Zwang ausüben, desto weniger kommen wir ans Ziel.
Hier ist jetzt die Zeit für etwas Ruhe und Retrospektive. Manchmal reicht schon ein Nickerchen und nochmal lesen, was man bis jetzt produziert hat. Manchmal braucht eine einen Spaziergang im Wald, manchmal auch die 30-Tage-Yoga-Challenge. In jedem Fall ist etwas Abstand besser als sich immer mehr unter Druck zu setzen. Stress tötet jede Kreativität. Man kann es nicht erzwingen, aber es geht irgendwann von selbst weiter. Außerdem gibt es da noch viele Kreativitätstechniken, die einen schnell auf andere Gedanken bringen.
Neuntes Problem: Die Kritiker
Die interne Zensurabteilung haben wir unter dem Punkt “Selbstzweifel” schon behandelt. Aber als ob das nicht reicht, gibt es ja da noch den Rest der Welt.
“Ein Buch schreiben? Jaja…das mache ich auch noch irgendwann mal. Wenn ich Zeit habe. Wenn…blabla.”
Wie oft habe ich das schon in der ein oder anderen Form gehört. Ein bisschen ist es wie mit dem Ei des Columbus – es gibt die, die es irgendwann mal machen wollen – und die, die es tun. Wer noch nie ein Buch geschrieben hat, weiß nicht, wovon er redet. Das ist wie einen Marathon zu laufen oder die Liebe zu den eigenen Kindern zu beschreiben. Wer es nicht erlebt hat, soll uns auch nichts erzählen.
Ein Buch zu schreiben ist harte Arbeit – egal ob allein oder mit Ghostwriter. Es gibt genug zu tun. Mein Rat: Keine Zeit in Kritiker, Zweifler und Grantler investieren. Man muss nicht jedem zuhören.
Zehntes Problem: Die Veröffentlichung
Wie findet man denn einen Verlag? Wie hoch sind die Druckkosten? Welches Cover soll denn darauf? Wie wird der Klappentext? Wie schreibe ich ein überzeugendes Exposée? Alles wichtige Fragen – aber nicht am Anfang, wo sie uns nur blockieren. Trotzdem ist es ein häufiges Problem, den hundertsten Schritt vor dem ersten gehen zu wollen.
Ich kann mit Zuversicht sagen: Man kann heute jedes Buch veröffentlichen. Ich hatte schon Projekte, bei denen wir uns am Ende einen von fünf Verlagen aussuchen konnten. Und ich hatte welche, die erst niemand wollte, und die dann im Selbstverlag tausende Exemplare verkauft haben. Ein namhafter Verlag auf dem Buchdeckel ist nicht mehr die Voraussetzung für Anerkennung, die es einmal war. Ja, es wird wieder Leute geben, die sagen: Ah, Selbstverlag - keinen “richtigen” gefunden, was? Siehe Neuntes Problem…
Fazit: (Schreib)Blockaden sind da, um überwunden zu werden
Von der kurzen Pause bis zum Yoga-Retreat, von Atemtechniken über Kampfkünste bis zu Extrembergsteigen – es gibt einen Weg hinter dem Brett vorm Kopf. Man muss nicht in die Extreme gehen, um Schreibblockaden zu überwinden, man muss auch nicht immer gegen etwas ankämpfen – im Gegenteil: Den natürlichen Fluss erkennen und vor allem auf sich selbst hören ist mit das Wichtigste in jedem Kreativprozess. Es gibt eine Zeit für eiserne Disziplin und es gibt eine für Selbstfürsorge und liebevolle Entspannung. Die Balance zu finden, das ist die eigentliche Herausforderung. Mit etwas Übung und dem Willen, Dinge auszuprobieren, kommt man aus jeder Blockade wieder heraus.
Geheimtipp zum Schluss – nicht für jeden!
Kreative Geister aller Zeiten haben sich in veränderten Bewusstseinszuständen verloren und wiedergefunden, Ideen geschöpft, andere Denkweisen erforscht und neue Wege beschritten. Auch ich habe auf diesem Weg den Mut gefunden, einen neuen Lebensinhalt als Schriftsteller zu finden – und es nie bereut.
Wie man diese Bewusstseinszustände erreicht, dazu gibt es keine pauschale Methode. Richard Alpert, dereinst Psychologieprofessor in Harvard und nach seiner (etwas extremen) Transformation zu Ram Dass spiritueller Lehrer, reiste in seiner Selbstfindungsphase mit einer Flasche LSD durch Indien. Ein Yogi sagte nach der Einnahme einer hohen Dosis zu ihm: “It is good - but not as good as meditation.”
Soviel dazu: Viele Wege führen nach Rom. Wer zu dem Thema mehr wissen möchte, spricht mich am besten einfach persönlich an.
Viele Grüße!
Euer Geisterschreiber
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